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Letzte Änderung / Last update: 2024-Mai-28

Der freie Wille des Menschen


Die Forschung legt immer wieder neue Erkenntnisse vor, wie unser Gehirn arbeitet und was davon in welcher Reihenfolge ins Bewusstsein gelangt bzw. umgekehrt vom Bewusstsein in Handlungen übersetzt wird. Danach gibt es immer wieder erregte Diskussionen, ob wir überhaupt noch von einem "freien Willen" sprechen könnten, wenn wir anscheinend von irgendwo, nämlich dem Gehirn oder dem Unterbewusstsein dort, "fremdgesteuert" würden. Das scheint eine Menge Leute zu beunruhigen.


Entscheidungen

Diese Besorgnisse kann ich nun überhaupt nicht nachvollziehen. Denn wer sollte uns denn da fremdsteuern? Es ist doch am Ende unser Gehirn, das ja wohl zweifellos ein Bestandteil unseres Körpers und unseres ganzen Wesens ist.

Es ist in meinen Augen nötig, sich den Unterschied zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein klarzumachen. Freud möge verzeihen, ich sehe das nämlich ziemlich mechanistisch bzw. in einer Computer-Analogie, s. u.

Der Ort, wo sowohl Bewusstsein wie Unterbewusstsein stattfinden, ist auf jeden Fall das Gehirn, für beides. Transzendente, vergeistlichte Aspekte sehe ich nicht am Werk, die werden schlicht nicht benötigt. Wo genau das alles im Gehirn passiert, weiß man bisher nicht, vielleicht ist es auch gar nicht auf ein Areal begrenzt, das ist noch komplett offen.

Die Erkenntnisse der Forschung besagen jedenfalls beispielsweise, dass das Unterbewusstsein schon ca. eine Drittelsekunde früher eine Bewegung einleitet, bevor man diese bewusst auslöst. Diese Entscheidung für die Bewegung gerät also in den Verdacht, nur eine scheinbar bewusste Entscheidung zu sein, weil der Rest des Gehirns schon lange vorher aktiv geworden ist. Das empfinden manche Leute als Herabwürdigung und Missachtung des rationalen, vernünftigen Bewusstseins, und das beunruhigt sie eben.

Aber diese Leute übersehen etwas: Nicht eine andere Person oder eine übernatürliche Macht haben diese Entscheidung so früh ausgelöst, sondern immer noch unser eigenes, zu unserem eigenen Körper gehörendes Gehirn. Und damit wir selbst. Und warum hinkt das Bewusstsein diesem Ganzen eine Drittelsekunde hinterher?


Bewusstsein und Kern-Ich

So, und jetzt kommt meine Computer-Erfahrung ins Spiel. Ich habe schließlich viel hardwarenah programmiert und gebastelt und sehe ähnliche Mechanismen am Werk. Unser Gehirn ist einerseits Event-gesteuert, das entspricht einem Interrupt in einem Computer. Das Gehirn reagiert also instinktiv auf bestimmte Reize von außen, wenn es um Ernährung geht oder womöglich ums nackte Überleben. Da ist schnelle Reaktion lebensnotwendig, keine Zeit zum Abwägen dutzender Alternativen.

Daneben gibt es aber auch die nicht so tempo-genötigte Überlegung, mit der man etwas im Voraus plant oder über Gott und die Welt nachdenkt. Das kann auch zu jenen Entscheidungen führen, von denen oben die Rede war, und wo anscheinend der andere, schnellere Teil des Gehirns dazwischenspukt.

Bisher war ja die allgemeine Annahme, dass das Bewusstsein die oberste Instanz sei, wo Haltung, Moral, Kreativität und dergleichen angesiedelt sind. Und darunter gibt es das Unterbewusstsein, das irgendwie die dunklen Triebe und Instinkte umfasst. Je mehr ich aber darüber nachdenke, desto sicherer werde ich mir, dass man das Ganze wohl exakt andersherum betrachten sollte!

Und wo soll da etwas Computer-artiges im Spiel sein? Nun, da denke ich mir einfach, dass das Bewusstsein gar nicht die kreative, entscheidende Instanz ist, sondern eher mit einem dummen, aber weithin sichtbaren Computermonitor vergleichbar ist! Ok, vielleicht ein Monitor mit Touchscreen, über den auch Eingaben erfolgen können. Der Monitor rechnet eben nicht selbst, sondern zeigt nur das an, was das Betriebssystem und dessen grafische Benutzeroberfläche dem User anzeigen wollen. Man bedenke nur, wieviele Vorgänge in unserem Körper ständig ablaufen und alles mögliche dazu ans Gehirn melden, aber wir kaum etwas davon bewusst wahrnehmen. Es wird also ständig vom Gehirn ausgewählt, was es ans Bewusstsein, die Anzeige, weiterschaltet.

Und wenn wir uns nun wirklich mal tiefschürfende Gedanken machen, uns überlegen, was sinnvoll oder moralisch vertretbar wäre, oder was eine wirklich innovative Idee sein könnte? Dann findet das am Ende eben doch auch in diesen Tiefen des Gehirns statt, dort ist der eigentliche Rechner mit seinem Langzeitspeicher. Und das Bewusstsein dient dann lediglich als Ein- und Ausgabe. Das Bewusstsein stößt als Eingabe solche Gedankengänge vielleicht an, sie finden dann aber in tieferen Schichten statt, und die Ausgabe wird dann wieder bewusst gemacht, aber halt mit jener Verzögerung.

Daher überlege ich, ob man diese tieferen, grundlegenden Schichten nicht länger als dubioses Unterbewusstsein ansprechen sollte, sondern ihm die Ehre eines "Kern-Ich" verleihen sollte, in der Tradition der Bezeichnungen nach Freud.


Und das ist schon alles. Alle anderen Aspekte lassen sich hiervon direkt ableiten. Es bleibt noch, auf den Parallelartikel zu verweisen, wo auf Ähnlichkeiten zwischen unseren Träumen und der Arbeitsweise von ChatGPT hingewiesen wird. Das passt hervorragend zu meinen obigen, mechanistischen Annahmen.






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